Lösung Anwendung drei Verfahren

Zuletzt geändert von Martin Rathgeb am 2025/04/07 01:49

Aufgabenstellung:
Gegeben ist die Polynomfunktion f mit f(x) = x^4 - 4x^2 + 3. Untersuche, für welche Werte von x die Ungleichung f(x) > 0 erfüllt ist. Vergleiche dazu die drei grundlegenden Verfahren zur Bearbeitung einer Polynomungleichung:

Lösungsschritte:

  1. Tabellarisches Verfahren (Teil 1).

Wertetabelle I.

x      -2-1012
f(x)   3 0 30 3

Interpretation.
Die Funktionswerte sind überall nicht-negativ. Bei x = \pm 1 ergibt sich jeweils f(x) = 0. Zwischen den Nullstellen ist das Vorzeichenverhalten noch unklar.

2. Tabellarisches Verfahren (Teil 2).

Wertetabelle II.

x      -2-1{,}5-1-0{,}500{,}511{,}52
f(x)   3 -0,...0 +2,...3+2,...0 -0,...3
Vorzeichen von f(x)   + -0 +++0 -+

Interpretation.
i) Wir kennen nun nicht nur die beiden Nullstellen x=\pm 1, sondern wissen auch, dass es in den Intervallen ]-2; -1,5[ und ]+1,5; +2[ noch jeweils mindestens eine Nullstelle von f gibt, denn bei beiden Intervallen haben die Funktionswerte an den Rändern verschiedene Vorzeichen.
ii) Nach dem Fundamentalsatz der Algebra hat die Polynomfunktion f (vom Grad 4) unter Berücksichtigung der Vielfachheiten nur bis zu 4 reelle Nullstellen. Also sind alle Nullstellen von f einfach mit -2<x_1<-1,5, x_2=-1, x_3=+1 und +1,5<x_4<2.
iii) Also gilt f(x)>0 für alle x<x_1, für alle x_2<x<x_3 und für alle x>x_4.

3. Graphische Skizze:

i) Der Graph von f ist symmetrisch zur y-Achse, denn f ist gerade, denn die im Funktionsterm der Polynomfunktion f auftretenden x-Potenzen sind allesamt gerade.
ii) Der Graph von f kommt von links oben und geht nach rechts oben, denn das Globalverhalten von f ist das Globalverhalten der Potenzfunktion g mit g(x)=x^4.
iii) Der Graph von f schneidet der Wertetabelle gemäß die x-Achse bei x_1 zwischen -2 und -1,5 (mit VZW +/-), bei x_2=-1 (mit VZW -/+), bei x_3=+1 (mit VZW +/-) und bei x_4 zwischen +1,5 und +2 (mit VZW -/+).
iv) Also gilt f(x)>0 für alle x<x_1, für alle x_2<x<x_3 und für alle x>x_4.

4. Rechnerisches Verfahren:

i) Faktorisieren (Satz von Vieta zzgl. dritte binomische Formel): f(x) = x^4 - 4x^2 + 3 = (x^2 - 1)(x^2 - 3) = (x +\sqrt{3})(x+1)(x -1)(x -\sqrt{3})
ii) Nullstellen (jeweils 1-fach): x_1=-\sqrt{3}, x_2=-1, x_3=+1, x_4=+\sqrt{3}
iii) Vorzeichenanalyse.
iii.1) Wenn die Vielfachheiten aller Nullstellen bekannt sind, dann genügt auch das Globalverhalten bzw. eine Teststelle.
iii.2) Testwertverfahren: Wähle in jedem der fünf Teilintervalle eine Teststelle und ermittle das Vorzeichen vom zugehörigen Funktionswert.

 Intervall                             Testwert              Vorzeichen von f(x)
 x < x_1                 x = -2        +
 x_1 < x < x_2          x = -1{,}5    -
 x_2 < x < x_3          x = 0         +
 x_3 < x < x_4          x = 1{,}5     -
 x > x_4                x = 2         +

Gesuchte Lösung.
Die Ungleichung f(x) > 0 ist erfüllt für alle x in:

Lösungsmenge.
\mathbb{L} =  Vereinigung der folgenden offenen Intervalle:
i) „kleiner als die kleinste Nullstelle“: x < -\sqrt{3}  
ii) „zwischen –1 und 1“: -1 < x < 1  
iii) „größer als die größte Nullstelle“: x > \sqrt{3}
Formal: \mathbb{L} = ]-\infty,\ -\sqrt{3}[ \cup ]-1,\ 1[ \cup ]\sqrt{3},\ \infty[

Anmerkung: Vergleich der Verfahren
- Das tabellarische Verfahren bietet erste Einsichten: Es erlaubt, Vorzeichen zu erkunden und funktionale Zusammenhänge aufzubauen. Es bleibt jedoch punktuell und qualitativ.
- Das graphische Verfahren macht strukturelle Eigenschaften sichtbar: Symmetrie, Nullstellen, Anstiegsverhalten. Es visualisiert den Lösungsbereich und unterstützt Begriffsbildung.
- Das rechnerische Verfahren führt zur exakten Lösung: Es erlaubt die genaue Bestimmung aller Nullstellen und den präzisen Aufbau der Lösungsmenge. Dafür sind algebraische Fähigkeiten nötig.
Didaktisch ergänzen sich die Verfahren.
Sie bilden eine sinnvolle Progression – von konkreten Werten (Tabelle) über strukturierte Bilder (Graph) bis zur abstrakten Ableitung (Rechnung). Ihr Zusammenspiel fördert nachhaltiges Konzeptverständnis.