Lösung Anwendung drei Verfahren

Zuletzt geändert von akukin am 2025/08/11 15:00

Aufgabenstellung:
Gegeben ist die Polynomfunktion \(f\) mit \(f(x) = x^4 - 4x^2 + 3\). Untersuche, für welche Werte von \(x\) die Ungleichung \(f(x) > 0\) erfüllt ist. Vergleiche dazu die drei grundlegenden Verfahren zur Bearbeitung einer Polynomungleichung:

Lösungsschritte:

  1. Tabellarisches Verfahren (Teil 1).

Wertetabelle I.

\(x\)      \(-2\)\(-1\)\(0\)\(1\)\(2\)
\(f(x)\)   \(3\) \(0\) \(3\)\(0\) \(3\)

Interpretation.
Die Funktionswerte sind überall nicht-negativ. Bei \(x = \pm 1\) ergibt sich jeweils \(f(x) = 0\). Zwischen den Nullstellen ist das Vorzeichenverhalten noch unklar.

2. Tabellarisches Verfahren (Teil 2).

Wertetabelle II.

\(x\)      \(-2\)\(-1{,}5\)\(-1\)\(-0{,}5\)\(0\)\(0{,}5\)\(1\)\(1{,}5\)\(2\)
\(f(x)\)   \(3\) \(-0,...\)\(0\) \(+2,...\)\(3\)\(+2,...\)\(0\) \(-0,...\)\(3\)
Vorzeichen von \(f(x)\)   \(+\) \(-\)\(0\) \(+\)\(+\)\(+\)\(0\) \(-\)\(+\)

Interpretation.
i) Wir kennen nun nicht nur die beiden Nullstellen \(x=\pm 1\), sondern wissen auch, dass es in den Intervallen \(]-2; -1,5[\) und \(]+1,5; +2[\) noch jeweils mindestens eine Nullstelle von \(f\) gibt, denn bei beiden Intervallen haben die Funktionswerte an den Rändern verschiedene Vorzeichen.
ii) Nach dem Fundamentalsatz der Algebra hat die Polynomfunktion \(f\) (vom Grad 4) unter Berücksichtigung der Vielfachheiten nur bis zu 4 reelle Nullstellen. Also sind alle Nullstellen von \(f\) einfach mit \(-2<x_1<-1,5\), \(x_2=-1\), \(x_3=+1\) und \(+1,5<x_4<2\).
iii) Also gilt \(f(x)>0\) für alle \(x<x_1\), für alle \(x_2<x<x_3\) und für alle \(x>x_4\).

3. Graphisches Verfahren:

i) Der Graph von \(f\) ist symmetrisch zur y-Achse, denn \(f\) ist gerade, denn die im Funktionsterm der Polynomfunktion \(f\) auftretenden x-Potenzen sind allesamt gerade.
ii) Der Graph von \(f\) kommt von links oben und geht nach rechts oben, denn das Globalverhalten von \(f\) ist das Globalverhalten der Potenzfunktion \(g\) mit \(g(x)=x^4\).
iii) Der Graph von \(f\) schneidet der Wertetabelle gemäß die x-Achse bei \(x_1\) zwischen -2 und -1,5 (mit VZW +/-), bei \(x_2=-1\) (mit VZW -/+), bei \(x_3=+1\) (mit VZW +/-) und bei \(x_4\) zwischen +1,5 und +2 (mit VZW -/+).
iv) Skizze des Funktionsgraphen (selbst anfertigen)
v) Der Skizze lässt sich entnehmen: Es gilt \(f(x)>0\) für alle \(x<x_1\), für alle \(x_2<x<x_3\) und für alle \(x>x_4\).

4. Rechnerisches Verfahren:

i) Faktorisieren (Satz von Vieta zzgl. dritte binomische Formel): \(f(x) = x^4 - 4x^2 + 3 = (x^2 - 1)(x^2 - 3) = (x +\sqrt{3})(x+1)(x -1)(x -\sqrt{3})\)
ii) Nullstellen (jeweils 1-fach): \(x_1=-\sqrt{3}\), \(x_2=-1\), \(x_3=+1\), \(x_4=+\sqrt{3}\)
iii) Vorzeichenanalyse.
iii.1) Wenn die Vielfachheiten aller Nullstellen bekannt sind, dann genügt auch das Globalverhalten bzw. eine Teststelle.
iii.2) Testwertverfahren: Wähle in jedem der fünf Teilintervalle eine Teststelle und ermittle das Vorzeichen vom zugehörigen Funktionswert.

 Intervall                             Testwert              Vorzeichen von \(f(x)\)
 \(x < x_1\)                 \(x = -2\)        \(+\)
 \(x_1 < x < x_2\)          \(x = -1{,}5\)    \(-\)
 \(x_2 < x < x_3\)          \(x = 0\)         \(+\)
 \(x_3 < x < x_4\)          \(x = 1{,}5\)     \(-\)
 \(x > x_4\)                \(x = 2\)         \(+\)

Gesuchte Lösung.
Die Ungleichung \(f(x) > 0\) ist erfüllt für alle \(x\) in:

Lösungsmenge.
\(\mathbb{L} = \) Vereinigung der folgenden offenen Intervalle:
i) „kleiner als die kleinste Nullstelle“: \(x < -\sqrt{3}\)  
ii) „zwischen –1 und 1“: \(-1 < x < 1\)  
iii) „größer als die größte Nullstelle“: \(x > \sqrt{3}\)
Formal: \(\mathbb{L} = ]-\infty,\ -\sqrt{3}[ \ \cup \ ]-1,\ 1[ \ \cup \ ]\sqrt{3},\ \infty[\)

Anmerkung: Vergleich der Verfahren
- Das tabellarische Verfahren bietet erste Einsichten: Es erlaubt, Vorzeichen zu erkunden und funktionale Zusammenhänge aufzubauen. Es bleibt jedoch punktuell und qualitativ.
- Das graphische Verfahren macht strukturelle Eigenschaften sichtbar: Symmetrie, Nullstellen, Anstiegsverhalten. Es visualisiert den Lösungsbereich und unterstützt Begriffsbildung.
- Das rechnerische Verfahren führt zur exakten Lösung: Es erlaubt die genaue Bestimmung aller Nullstellen und den präzisen Aufbau der Lösungsmenge. Dafür sind algebraische Fähigkeiten nötig.
Didaktisch ergänzen sich die Verfahren.
Sie bilden eine sinnvolle Progression – von konkreten Werten (Tabelle) über strukturierte Bilder (Graph) bis zur abstrakten Ableitung (Rechnung). Ihr Zusammenspiel fördert nachhaltiges Konzeptverständnis.